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PRESSE-INFO (01.02.2004)
Belege
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6. Kolloquium "Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen", Erding im
November 2004
Neueste Entwicklungen und Anwendungen für Oberflächenbeschichtungen
Auf dem Kolloquium „Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen“ (kurz:
HVOF; nach engl.: High-Velocity Oxy-Fuel), das vom 27. bis 28. November
2003 in Erding bei München stattfand, wurden vor rund 400 Teilnehmern
aus dem In- und Ausland die neuesten Entwicklungen und Anwendungen für
optimale Oberflächenbeschichtungen präsentiert. Diese Fachtagung führte
die GTS Gemeinschaft Thermisches Spritzen e.V. zusammen mit ihren
Partnern SLV München, NL der GSI mbH, der Linde AG, Geschäftsbereich
Linde Gas, sowie der Universität der Bundeswehr Hamburg bereits zum
sechsten Male durch. Referate über den Stand der Technik, über neue
Entwicklungen bei Spritzsystemen und Zusatzwerkstoffen sowie über die
Wirtschaftlichkeit vermittelten profunde Erkenntnisse für den Einsatz in
der Praxis – ebenso die Anwendungsbeispiele zahlreicher Aussteller. Als
Schwerpunktthema wurde das Kaltgasspritzen vorgestellt. Es führt die vom
HVOF-Verfahren eingeschlagene Richtung weg von der thermischen und hin
zur kinetischen Energie konsequent weiter. Dichtere und oxidärmere
Schichten denn je sind das Ergebnis.
Kaltgasspritzen –
Einfluss der Verfahrensparameter auf die Prozessoptimierung
Dr. J. Voyer von der Universität der Bundeswehr erläuterte zum
Einstieg in das Verfahren des Kaltgasspritzens zunächst die
Charakteristika dieses thermischen Spritzverfahrens. Bei diesem
Verfahren werden die Partikel des Spritzpulvers in einem aufgeheizten
Gasstrahl auf Geschwindigkeiten von über 500 m/s beschleunigt und bilden
dann beim Aufprall auf das Substrat eine dichte und fest haftende
Schicht. Entscheidend hierfür sind Geschwindigkeit und Temperatur der
Partikel beim Aufprall. Diese Zustandsgrößen werden durch das
Strömungsfeld innerhalb der Spritzdüse und in dem Bereich zwischen Düse
und Substrat bestimmt. Eine Modellierung der Gas- und Partikelströmung
kann daher den Einfluss der wichtigsten Verfahrensparameter auf die
Geschwindigkeit und Temperatur der Partikel beschreiben. Dies sind neben
der Geometrie der Düse die Gasart, der Druck und die Temperatur des
Gases beim Eintritt in die Düse, die Größe und die physikalische Dichte
der Partikel sowie der Abstand der Düse zum Substrat. Eine
Prozessoptimierung ist immer auf eine möglichst hohe
Partikelgeschwindigkeit ausgerichtet, damit von dem Pulver möglichst
viele der Partikel des Pulvers die zum Haften notwendige kritische
Geschwindigkeit überschreiten.
Strömungsmechanische Analyse zur
Optimierung der Prozessparameter
Interessante Anregungen für Verbesserungen ließen sich aus der
strömungsmechanischen Analyse von Dr. J. Voyer ableiten. Beim Vorheizen
des Gases von 20 ºC auf 320 ºC lässt sich eine Zunahme der
Partikelgeschwindigkeit um 25 % erzielen. Eine ähnliche Steigerung der
Partikelgeschwindigkeit wird durch eine Erhöhung des
Gaseintrittsdrucks von 15 auf 35 bar erreicht. Der Grund dafür ist, dass
sich mit der Temperatur auch die Schallgeschwindigkeit und damit die
Strömungsgeschwindigkeit des Gases erhöht. Die Partikelgeschwindigkeit
wirkt sich nicht nur entscheidend auf den Auftragswirkungsgrad aus,
sondern auch auf die Qualität der Schichten. Einen besonders starken
Einfluss haben die Partikelgröße und die Partikeldichte. Die für
das Haften der Partikel notwendige Aufprallgeschwindigkeit lässt sich
bei vorgegebenen Gasparametern immer nur mit Partikeln bis zu einer
bestimmten Größe erzielen. Eine wesentliche Erkenntnis der umfangreichen
Versuche war, dass beim Kaltgasspritzen die Anforderungen an das Pulver
bezüglich seiner Korngrößenverteilung und Reinheit deutlich höher sind
als beispielsweise beim Flammspritzen,
Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen oder Plasmaspritzen. Da die
Partikelgröße jedoch als Materialparameter durch den Anwender gewählt
werden kann, ist ihr Einfluss auf die kritische Geschwindigkeit von
großem Interesse – auch für weitere Untersuchungen.
Darüber hinaus konnte Prof. Dr. H. Assadi durch die Modellierungen
des Partikelaufpralls zeigen, dass sich eine Reduktion der kritischen
Geschwindigkeit durch höhere Partikeltemperaturen erreichen
lässt. „Eine Erhöhung der Partikeltemperatur um 100 ºC sollte die
kritische Geschwindigkeit von Kupfer um 40 m/s reduzieren,“ bemerkte der
Professor der Tarbiat Modarres University in Teheran. „Jedoch wird die
Erhöhung der Partikeltemperatur auch die Oxidation begünstigen und zudem
die Wahrscheinlichkeit des Zusetzens der Düsen erhöhen. Entsprechend
niedrig sollte also die Prozesstemperatur gewählt werden.“
Ein weiteres Ergebnis der strömungsmechanischen Analyse von Dr. J.
Voyer war, dass die Geschwindigkeit der Partikel im Freistrahl bis zu
einem Abstand von 60 mm vom Düsenaustritt noch nicht abfällt. Für
Spritzabstände zwischen 30 und 60 mm ergeben sich daher
vergleichbare Bedingungen. Weiteres Potenzial zur Steigerung des
Auftragswirkungsgrades bietet dann noch die Verwendung einer Düse
mit einem gegenüber der Standarddüse verlängerten divergenten
Düsenabschnitt und einer Kontur, die Strömungsverluste durch
Verdichtungsstöße weitgehend vermeidet (Parallelstrahldüse). Am Beispiel
des Kupferpulvers zeigte sich, dass die Schichten zwar eine bei sonst
gleichen Prozessparametern geringfügige Porosität von etwa 1 % und eine
etwas geringere Haftfestigkeit besitzen. Jedoch ergeben sich Vorteile
durch geringere Pulverkosten und eine deutlich geringere Neigung des
Pulvers, sich bei höheren Gastemperaturen an der Düsenwand abzulagern.
Die dadurch mögliche Erhöhung der Gastemperatur über 320 ºC hinaus führt
zu einem geringeren Gasverbrauch sowie einer weiteren Verbesserung der
Schichteigenschaften.
Kaltgasspritzen und HVOF-Spritzen im Vergleich
Auf Verbesserungen hinsichtlich des
Hochgeschwindigkeits-Flammspritzens wies vor allem Professor Dr. H.
Kreye von der Universität der Bundeswehr hin. Neben dem gegenwärtigen
Stand der Technik zeigte er neue Entwicklungen sowie Alternativen auf.
Er belegte unter anderem die Unterschiede von HVOF-Spritzen und
Kaltgasspritzen, die jedoch hinsichtlich der Geschwindigkeit, mit der
die Partikel auf das Substrat auftreffen, nicht wesentlich sind. Größere
Unterschiede bestehen in der Erwärmung der Partikel und ihrer Temperatur
beim Aufprall. „Beim HVOF-Spritzen begünstigt die hohe Temperatur nahe
dem Schmelzpunkt der Partikel deren Bindung, so dass typischerweise
Haftzugfestigkeitswerte von 50 bis 100 MPa erreicht werden. Beim
Kaltgasspritzen ist die Haftzugfestigkeit mit 20 bis 60 MPa deutlich
geringer,“ bemerkte Professor Dr. Heinrich Kreye. Der Vorteil des
Kaltgasspritzens stellt die inerte Gasatmosphäre dar, in der die
Partikel bei Temperaturen weit unterhalb ihres Schmelzpunktes
beschleunigt werden – sowie die dadurch bedingte Vermeidung einer
Oxidation. Beim HVOF-Spritzen lässt sich die Oxidation zwar verringern,
aber nicht unterbinden. Bei metallischen Schichten, deren Eigenschaften
durch Oxide beeinträchtigt werden, ist daher das Kaltgasspritzen als
wesentliche Ergänzung zum HVOF-Spritzen anzusehen. Dies bestätigen erste
industrielle Anwendungen des Kaltgasspritzens, die durch HVOF-Spritzen
und andere thermische Spritzverfahren nicht zu realisieren waren. Keines
der etablierten Verfahren kombiniert Prozesstemperaturen von weniger als
600 ºC mit Partikelgeschwindigkeiten von über 500 m/s. Das
Kaltgasspritzen besetzt damit aus Anwendersicht eine Nische, die
interessante Potenziale für Applikationen bieten kann.
Anwendungsmöglichkeiten des HVOF-Spritzens
Aussteller präsentierten an den Ständen des Kolloquiums unter
anderem die dritte Generation von HVOF-Brennern, die GTV K2 Systeme. Von
diesen werden ca. 50 Systeme weltweit eingesetzt, wobei die
Anwendungsfelder von der Automobilindustrie, über den Druck- und
Papierherstellungsbereich bis hin zum Schiffsbau reichen. Spezielle
Anwendungen finden sich im Bereich der Gasturbinenkomponenten oder auch
hydraulischen Zylinder. Das GTV K2 System kommt auf eine
Gasgeschwindigkeit von über 2.000 m/s und auf eine Beschichtungsdichte
von 20 bis 2.000 µm. Die geringe Porosität (100 MPa resp. > 1 %), die
geringe Wärmezufuhr und die glatte Oberfläche (Ra < 2 µm) sind nur
einige der hervorstechenden Vorteile dieses Systems.
Vorteile des Kaltgasspritzens
für die Praxis Durch die erfolgte Anpassung der Zusatzwerkstoffe
sind die Anwendungsmöglichkeiten von Beschichtungen mit Kaltgasspritzen
in vielen neuen Bereichen und Technologien zu finden. Heute gibt es
bereits Lösungen in der Praxis für die Automobil- und Elektroindustrie.
Eine große Anzahl von Anfragen beim Kaltgasspritzen geht in Richtung der
elektrischen Leitfähigkeit, aber auch der Wärmeleitfähigkeit. Hier hat
man durch die sehr guten Eigenschaften, die eine mit Kaltgasspritzen
aufgebrachte Kupferschicht mit sich bringt, ideale Voraussetzungen. Eine
Kupfer-Beschichtung mit ihrer Oxidfreiheit, die man sonst nur aus VPS
Qualitäten kennt, und ihrer porenfreien Struktur erreicht eine
elektrische Leitfähigkeit von 95 % der Leitfähigkeit von gewalztem
Kupfer. Auch die Wärmeleitfähigkeit dieser Schichten ist ähnlich und
gelangt bereits bei ersten Anwendungen zum Einsatz. Ebenso sind
Beschichtungen im Korrosionsschutz gefragt – zum einen Zink im aktiven
Korrosionsschutz, aber auch Nickel oder Edelstähle für passiven Schutz.
Bei beiden Varianten zählen die Oxidfreiheit wie auch die geringe
Porosität zu den Vorteilen. Ein weiteres Plus des Kaltgasspritzens ist
der fokussierte Strahl, der oft eine Maskierung überflüssig macht.
Beispiele sind hier der Schutz von Schnittkanten oder
Laserschweißnähten.
Neueste Entwicklungen in der Cold-Spray-Technologie
Die Cold-Spray-Technologie und das dazugehörige Equipment sind in
den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt worden. Düsengeometrie,
Spritztechnik und Spritzparameter wurden untersucht und für den
industriellen Einsatz aufbereitet. Die Software konnte in der
Bedienoberfläche verbessert werden und bietet ein Standardpaket mit
Basisprogrammen. Industrielle Anwendungen wurden in den Labors der
Universität der Bundeswehr Hamburg und der Linde AG, Geschäftsbereich
Linde Gas, entwickelt und von der CGT (Cold Gas Technology GmbH) als
drittem Partner konstruiert, geplant und mit allen dafür notwendigen
Komponenten gefertigt. Geschäftsführer Peter Richter stellte auf dem
HVOF-Kolloquium das neueste Equipment in der Kaltgasspritztechnik vor,
den KINETIC 3000. Dieser Hochdruckpulverförderer, der mit bis zu 35 bar
arbeitet, ging nun nach dem bereits getesteten Prototyp als erster in
Serie.
Erster Serieneinsatz des Kaltgasspritzens
zur Beschichtung von Kühlkörpern
Dieter Grasme von der OBZ Grasme & Dresel GmbH stellte den ersten
Serieneinsatz des Kaltgasspritzens zur Herstellung von Kühlkörpern vor.
Hierbei gab er zu bedenken, dass die Kühlkörper aus Aluminium sich
speziell im Bereich der Elektronik bewährt haben und heute in riesigen
Stückzahlen in den verschiedensten Ausführungen eingesetzt werden. Durch
die ständig leistungsgesteigerten Prozessoren wird eine entsprechend
höhere Kühlleistung erforderlich. Um den an der Leistungsgrenze
operierenden Aluminium-Kühlkörper aufzurüsten, sollte ein mehrere
Millimeter dicker Kupferbelag die Wärmeableitung vom Prozessor in den
Kühlkörper verbessern. Besondere Beachtung gilt laut Grasme dabei dem
Übergang zwischen dem Kupferbelag und der Aluminium-Oberfläche des
Kühlkörpers, der möglichst ohne Leistungsverlust geschaffen werden
sollte. Eine kommerziell nutzbare Lösung dieses Problems brachte der
Einsatz des neu entwickelten Kaltgas-Spritzverfahrens. Spritzversuche in
der Linde-Anwendungstechnik ergaben so gute Ergebnisse, dass eine
Übernahme des Verfahrens zur Produktion der Kühlkörper-Beschichtung in
einen Lohnspritzbetrieb grundsätzlich möglich ist. Das Kaltgasspritzen
bietet zum Beispiel im Bereich der Haftgrund-vorbereitung zusätzliche
technische und kommerzielle Vorteile. Auch die Haftfestigkeit der
Beschichtung wird durch den erkennbaren Strahleffekt, der die
Substrat-Oberfläche reinigt und von Oxiden befreit, außergewöhnlich gut
– bei Trennversuchen sogar stärker als der Lötverbund. Ein weiterer
Vorteil des Verfahrens ist die Möglichkeit auch sehr feine
Spritzstrukturen herzustellen, da die Kanten der Abdeckung beim
Kaltgasspritzen auch nach vielfachem Gebrauch scharf bleiben und sich
keine Brücken zwischen Schicht und Abdeckung bilden.
Neben den anlagen- und anwendungsorientierten Vorträgen wurden die
Teilnehmer des HVOF-Kolloquiums auch in die Qualitätssicherung und
Zertifizierung des thermischen Spritzens eingewiesen. Ebenso wurden
Verfahren wie das Draht- und Stabflammspritzen vorgestellt und auch auf
neue Herausforderungen dieser Verfahren hingewiesen. Die fachkompetenten
Referenten informierten über neueste Erkenntnisse und Entwicklungen auf
dem Gebiet der modernen Beschichtungstechnik, wobei die Praxis einen
erheblichen Teil der Ausführungen einnahm.
Autorin: Julia Kößler
Weitere Informationen sind erhältlich bei GTS
Gemeinschaft Thermisches Spritzen e.V.
Werner Krömmer
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